Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Sonntagsgedanken

          "Aufhören"

          Mit ihren Sonntagsgedanken geben uns Menschen aus dem haupt- oder ehrenamltichen Verkündigungsdienst im Dekanat Vogelsberg oder dem Pastoralraum Vogelsberg jede Woche einen Impuls mit ins Wochenende. Heute: Pfarrer Peter Remy aus Alsfeld

          Heute ist der jüdische „Schabbat“, so wie heute vor fünf Wochen, am 7. Oktober, dem Tag des bestialischen Überfalls der Hamas in Israel. Das Wort „schabbat“ bedeutet „aufhören“. Ich möchte, wenigstens für den Moment dieser Zeilen, „aufhören“ mit all der Wut und der Ohnmacht und der Empörung über diese so menschenverachtenden Taten, dem schlimmsten Judenpogrom seit den Ereignissen des 9.11.1938 in Deutschland und dem Holocaust.

          So schnell kann aus unserer Empörung Hass werden. „Auch der Hass gegen die Niedrigkeit verzerrt die Züge“, hat Bertolt Brecht gesagt.

          Darum möchte ich Ihnen eine Geschichte aus dem chassidischen Judentum erzählen:

          Ein jüdischer Junge kommt in die Synagoge. Es sind gerade die Hohen Feiertage und die Synagoge ist voller Menschen, die eifrig beten. Aber ihre Gebete werden nicht erhört. Die Tore des Himmels sind verschlossen. Es ist zu viel Hass in der Welt. Der kleine Junge geht leise zu den betenden Männern. Sie bemerken ihn gar nicht. Er beobachtet die Männer aus der Nähe und sieht, wie konzentriert sie ihr Gebet sprechen. Er wünscht sich, genauso beten zu können wie sie, aber er kann es nicht, weil er das Gebetbuch noch nicht lesen kann. Er hat gerade erst angefangen, das Alef Bet zu lernen, das hebräische Alphabet. Für ein ganzes Gebet fehlen ihm die Worte. Deshalb entscheidet er sich mit reinem Herzen, zu sagen, was er wirklich gut kann. Ganz leise spricht der Junge das Alphabet. Dabei sieht er die Buchstaben vor sich in den Himmel tanzen. Als er fertig ist, ruft er zu Gott: „Ewiger, das ist alles, was ich kann. Bitte sortiere Du die Buchstaben, mache Worte daraus, so dass es am Ende ein Gebet ist, denn Du allein weißt ja, wie sich die Gebete anhören müssen, damit sich die Himmelstore wieder öffnen und die Gebete erhört werden.“

          Was der Junge getan hat, können auch wir versuchen. Jetzt und hier, wo Sie das gerade lesen, still werden, „aufhören“, Schabbat halten nur für eine Minute. Wir können dabei an Menschen denken, die uns wichtig sind, und wir können versuchen, auch an die anderen zu denken. Wir können denken an Menschen in Israel, Menschen in Gaza, jüdische Menschen, palästinensische Menschen, an die Menschen, die ihre Menschlichkeit noch nicht verloren haben und an die anderen, dass sie sie doch wiederfinden mögen. Nur eine Minute still sein, frei von allen schlechten Gedanken.

          In der jüdischen Geschichte wird erzählt, wie das einfache Gebet dieses Kindes in den Himmel aufsteigt und schließlich vor den Thron des Ewigen gelangt. Am Ende heißt es: „Und siehe da, plötzlich öffneten sich die Tore des Himmels, und die Gebete wurden wieder erhört.“

          Möge der Hass nicht siegen, damit unsere Gebete wieder erhört werden.

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