Nach 25 Jahren im Dekanat: Pfarrerin und Krankenhausseelsorgerin Petra Bouvain geht in Ruhestand – Verabschiedungsgottesdienst am 9. März in Altenburg
Eine Lebensreise voller Seelsorge und Hingabe
Patricia Luft28.02.2024 plu Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Bevor Petra Bouvain in den Vogelsberg kam, begann sie zunächst ihr Studium in Heidelberg, wo sie Englisch und Französisch studierte. Später wechselte sie jedoch zur evangelischen Theologie und setzte ihr Studium in Marburg fort. Danach absolvierte sie ein Vikariat in Linden-Leihgestern und verbrachte ein Jahr als Spezialvikarin bei dem Religionspädagogischen Studienleiter in Gießen. 1994 trat sie dann ihre erste Pfarrstelle in Friedberg-West an, einem von fünf Bezirken der Kirchengemeinde Friedberg. Während dieser Zeit lernte sie ihren Mann Pierre Bouvain kennen, der im Bezirk Friedberg-Burg tätig war. Ihre Ordination erfolgte im Januar 1994 durch Propst Klaus Eibach in Friedberg.
Ihre Reise im Vogelsberg begann 1999, als sie sich zusammen mit ihrem Mann bewusst für ein Leben auf dem Land entschied und Pierre Bouvain die Pfarrstelle in der Pfarrei Queck übernahm, auf der er auch noch bis zu seinem Ruhestand im Jahr 2023 tätig war. Petra Bouvain übernahm für drei Monate verschiedene Vertretungsdienste im Dekanat und ging dann zunächst in Elternzeit. Denn schon bald wurde die Familie durch die Geburt ihrer Tochter im September 1999 erweitert. Während Petra Bouvain sich bewusst einige Zeit für ihre Familie und ehrenamtliche Tätigkeiten nahm, blieb ihr Herz immer der Seelsorge und dem Dienst an der Gemeinschaft gewidmet. Nach acht Jahren kehrte sie mit einer halben Stelle zurück und wurde Teil der Gemeinden Angersbach, Landenhausen und Rudlos. Dort arbeitete sie eng mit Pfarrer Dieter Pfanschilling und Pfarrerin Kornelia Kachunga zusammen und übernahm unter anderem die Verantwortung für den örtlichen Kindergarten.
Im Jahr 2012 dann wechselte sie zur Stelle Krankenhausseelsorge im Dekanat, wobei sie einen Schwerpunkt am Eichhof Krankenhaus in Lauterbach setzte – und „ihre Berufung“ für viele Jahre fand: „Das war die Stelle, die mir in meinem Leben am meisten gefallen hat und die ganz meinen Kompetenzen entsprach“, sagt die 62-Jährige heute. Im neuen Arbeitsfeld arbeitete sie zunächst mit Pfarrer Theo Günther zusammen, der als Verwalter der 0,5 „Alten-Krankenhaus- und Hospizdienst“ - Stelle das Krankenhaus betreut hatte und später nach Alsfeld wechselte. Diese Arbeit brachte für Petra Bouvain viele neue Erfahrungen und auch Herausforderungen mit sich, darunter die intensive Begleitung von Patienten und Angehörigen in Zeiten von Krankheit und Sterben.
Ihre Tage waren geprägt von vielen Besuchen auf sämtlichen Stationen, wie Geriatrie, Psychiatrie oder Intensivstation, zahlreichen, intensiven Gesprächen mit Patienten, Angehörigen und auch Krankenhausmitarbeitenden sowie der Organisation von Andachten im Eichhof, darunter auch Zimmer-Abendmahle auf fahrbaren Altären direkt an den Betten der Patienten. "Das war immer sehr berührend, das war eine sehr schöne Erfahrung", sagt Bouvain.
Regelmäßig referierte sie auch im Krankenhaus und bei Pflegeschülern, zum Beispiel zu Themen wie dem Sterben und dem Umgang damit. In ihrer seelsorgerischen Arbeit begegnete Pfarrerin Petra Bouvain einer Vielzahl von Themen: Krankheit war dabei ebenso präsent wie die Sorgen älterer Menschen, die sich oft mit der Frage auseinandersetzten, ob sie noch alleine leben könnten. Konflikte in Familien, sei es durch fehlenden Kontakt zu den Kindern, Missverständnisse oder zerstrittene Verhältnisse, erforderten einfühlsame Gespräche und Unterstützung. Um noch besser auf die komplexen Bedürfnisse ihrer Krankenhausgemeinde eingehen zu können, absolvierte Petra Bouvain zu Beginn ihrer Tätigkeit in der Krankenhausseelsorge einen systemischen Seelsorge-Kurs. Dieser Kurs verlieh ihr einen erweiterten Blickwinkel und half ihr insbesondere dabei, Familienstrukturen besser zu verstehen und zu unterstützen.
Besonders beeindruckend war für sie, wie sie sagt, „wie ältere Menschen offen über ihre Vergangenheit sprachen, gerade auch über traumatische Erfahrungen aus Krieg und Flucht“. Diese Geschichten kamen bei den Menschen oft in Träumen hoch und erforderten ein besonderes Maß an Einfühlungsvermögen und Verständnis, so die Pfarrerin. „Ich habe es immer als großes Geschenk empfunden, dass mir so viel Vertrauen entgegengebracht wurde. Und ich habe es sehr geschätzt, selbst zu entscheiden, wie viel Zeit ich für die Menschen aufbringen konnte, ohne Druck von außen.“ Denn jedes Gespräch war anders und erforderte ein individuelles Eingehen auf die Bedürfnisse der Menschen, sei es durch gemeinsames Gebet oder einfach nur durch ein offenes Ohr.
Herausfordernd bei ihrer Tätigkeit: Der Dienst in der Krankenhausseelsorge wurde in den ersten Jahren durch eine Rufbereitschaft ergänzt, an der auch weitere Kollegen und Kolleginnen beteiligt waren, der aber zu einem großen Teil auch durch die Krankenhauspfarrerin selbst zu tragen war.: „Das war schon auch belastend, man war in diesen Wochen quasi immer auf Bereitschaft, auch nachts. Man wusste nicht, ob etwas kommt und wann und war somit immer angespannt", erzählt sie. „Ich war froh, dass wir das 2020 beendet haben und ich feste Dienstzeiten hatte.“
Von großer Bedeutung war auch die enge Zusammenarbeit mit den Ehrenamtlichen vom Besuchsdienst: „Da habe ich ganz viel Unterstützung erfahren“, sagt sie. Was ebenfalls geholfen hat: eine gewisse Distanz zum Arbeitsplatz: „Für mich war es hilfreich, dass ich von Lauterbach nach Queck eine Strecke von 18 km fahren musste, da kann man ein wenig abschalten und gewinnt etwas Abstand.“
Es war für sie eine Zeit der Nähe und des Trostes, aber auch der Herausforderungen - besonders während der Corona-Pandemie. In dieser Zeit erwies sich ihre Arbeit erst recht als unverzichtbar, da der Zugang zum Krankenhaus eingeschränkt war und die Seelsorge, die so dringend nötig war, zunächst anders erfolgen musste, zum Beispiel über einen Telefondienst, an dem sich auch weitere Kolleginnen und Kollegen beteiligten.
Trotz der emotionalen Belastung fand Petra Bouvain überwiegend Erfüllung im Kontakt mit den Menschen. Zwar habe sie viel zu tun gehabt mit Krankheit, Sterben und Tod, „aber es wird auch viel gelacht“, erinnert sich Petra Bouvain gerne an ihre Zeit im Krankenhaus zurück. „Da war auch immer viel Gemeinschaft, Dankbarkeit und Vertrauen. Man gibt sehr viel, aber man bekommt auch ganz viel zurück von den Patienten und vom Personal." Ihre Arbeit war geprägt von Empathie und einer tiefen Verbundenheit mit den Menschen, die ihr begegneten. Sie nahm sich die Zeit, zuzuhören, Trost zu spenden und Hoffnung zu geben, selbst in den dunkelsten Stunden. Ihr Engagement und ihre Warmherzigkeit während ihres Dienstes berührten die Herzen vieler verschiedener Menschen und hinterließen eine tiefe Spur der Dankbarkeit und des Vertrauens.
Nun ist es Zeit für einen neuen Abschnitt in ihrem Leben: „Ich freue mich jetzt darauf, in meinem Ruhestand mehr Zeit für mich selbst zu haben, lange Spaziergänge in der Natur zu machen, mich neuen Interessen zu widmen und alte Freundschaften zu pflegen“, sagt sie. Mit ihrem Mann ist sie erst vor einem Jahr von Queck nach Schlitz gezogen. „Es ist schön, dass wir den Ruhestand jetzt gemeinsam in unserem schönen Haus in vollen Zügen genießen können und wir viel Zeit haben, unsere Tochter in ihrer Studienstadt Kiel zu besuchen.“
Der Gottesdienst anlässlich der Verabschiedung von Pfarrerin Petra Bouvain findet statt am Samstag, 9. März 2024, um 9 Uhr in der Evangelischen Schlosskirche zu Altenburg, Am Schlossberg 32. Im Anschluss an den Gottesdienst findet die 6. Tagung der II. Dekanatssynode des Evangelischen Dekanats Vogelsberg statt im Dorfgemeinschaftshaus in Altenburg, Stockwiesenweg 2.
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