Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Dekanin Dr. Dorette Seibert im Gespräch mit der Oberhessischen Zeitung

          Wie politisch darf Kirche sein?

          P. LuftPortraitDorette Seibert

          Mitten im Bundestagswahlkampf haben führende evangelische und katholische Kirchenvertreter Position zur Migrationspolitik bezogen. Das hat die Frage aufgeworfen, wie politisch Kirche sein darf oder vielleicht sogar sein muss. Dr. Dorette Seibert vom Evangelischen Dekanat Vogelsberg sagt: »Grundsätzlich macht Kirche keine Parteipolitik. Die Evangelische Kirche entwickelt ihre Positionen aus ihren christlichen Grundlagen.

          Rückblick: Die Berliner Vertreter der Evangelischen Kirche in Deutschland und der katholischen Deutschen Bischofskonferenz haben vor Kurzem ein gemeinsames Papier zum »Zustrombegrenzungsgesetz« von CDU/CSU-Kanzlerkandidat Friedrich Merz veröffentlicht. Darin heißt es, dass der Gesetzentwurf aus Sicht der Kirchen nicht geeignet sei, zur Lösung der anstehenden migrationspolitischen Fragen beizutragen. Eine deutliche Kritik am Kurs der Union. Auch im Vogelsberg ist die Kirche kurz vor der Bundestagswahl aktiv: Am Dienstag vor einer Woche hatte das Evangelische Dekanat in Lauterbach zu einem politischen Stammtisch mit Podiumsdiskussion eingeladen. Im Interview spricht die Dekanin Dorette Seibert über die Gründe.

          Worum ging es bei dem politischen Stammtisch mit Podiumsdiskussion in Lauterbach?

          Es ging um die Themen Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt - Themen, die viele Menschen im Vogelsberg bewegen, die jedoch im Bundestagswahlkampf, trotz der Bauernproteste im vergangenen Jahr - kaum zur Sprache kommen. Unser Anliegen war es, Menschen, die mit diesen Themen in ihrem Alltag befasst sind, miteinander und mit Vertreterinnen und Vertretern der Politik ins Gespräch zu bringen.

          Warum organisiert das Evangelische Dekanat Vogelsberg eine Veranstaltung mit politischem Hintergrund kurz vor der Bundestagswahl?

          Kirche will für die Menschen in der Region da sein. Auch im Hinblick auf die Fragen, die sie in ihrem Alltag bewegen. Wir erleben den Bundestagswahlkampf als stark polarisierend und auf das Thema Migration fokussiert. Umso wichtiger ist es uns, Gelegenheiten und Räume zur Verfügung zu stellen, wo auch andere Themen angesprochen werden können und Menschen unterschiedlicher Ansichten einander auf Augenhöhe begegnen. Für uns ist dies ein Beitrag zur demokratischen Kultur in einem ungewöhnlich scharf geführten Bundestagswahlkampf.

          Wie stehen Sie persönlich zu der Kritik der Berliner Vertreter der Evangelischen und Katholischen Kirche zum »Zustrombegrenzungsgesetz« von Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz?

          Die christlichen Kirchen haben mit dieser Kritik auf die aktuell extrem aufgeheizte Stimmung im Hinblick auf das Thema Migration reagiert und versucht, mäßigend einzuwirken. Bei allem Druck, der durch die furchtbaren Geschehnisse von Magdeburg, Aschaffenburg und zuletzt auch München auf diesem Thema liegt, bleibt das Recht auf Asyl meines Erachtens ein hohes Gut und eine großartige Errungenschaft der Bundesrepublik Deutschland. Bei allen berechtigten Diskussionen zu diesem Thema haben wir es bei Migration mit Menschen zu tun. Deshalb sind Menschenwürde und Menschenrechte unbedingt mitzudenken. So steht es in unserem Grundgesetz und darauf haben wir uns mit unseren europäischen Nachbarn geeinigt. Daran haben die Kirchen zu Recht erinnert. Ich bin davon überzeugt, sie hätten das auch getan, wenn ein solcher Vorstoß von einer anderen politischen Partei gekommen wäre.

          Bei der Migrationsfrage zeigt die Evangelische Kirche eine Tendenz zu Rot-Grün - oder täuscht dieser Eindruck?

          Grundsätzlich macht Kirche keine Parteipolitik. Die Evangelische Kirche entwickelt ihre Positionen aus ihren christlichen Grundlagen. Dabei kann man nicht ausschließen, dass sie bei einem Thema grünen Positionen näher steht und bei anderen Themen näher an der CDU.

          Wie gehen Sie vor Ort im Vogelsberg mit Kirchenmitgliedern um, die eine andere Meinung dazu haben? Und im speziellen mit der AfD?

          Ich persönlich finde es bereichernd und anregend, wenn Christinnen und Christen unterschiedliche politische Positionen vertreten und sich gemäß dem biblischen Motto »Suchet der Stadt Bestes« gemeinsam um Wege für ein gutes Zusammenleben bemühen. Das setzt allerdings ein Einvernehmen über demokratische Prinzipien und das christliche Menschenbild voraus. Dass die AfD beides nicht teilt, ist offensichtlich. Grundsätzlich muss ein Diskurs - auch innerhalb der Kirche - von Meinungsfreiheit getragen sein. Deshalb spreche ich mit allen Kirchenmitgliedern. Als Vertreterin von Kirche möchte ich jedoch niemandem ein Forum bieten, um ein unchristliches Menschenbild und demokratiefeindliche Thesen ins Spiel zu bringen. Das gilt für Vertreter von Rechts- und Linksextremismus gleichermaßen.

          Wie weit darf die Einmischung der Kirche bei politischen Fragen überhaupt gehen?

          Es gehört zum Auftrag der Kirche, gesellschaftliche Entwicklungen kritisch zu begleiten. In einem demokratischen Diskurs darf und soll sich Kirche meines Erachtens wie jede andere zivilgesellschaftliche Kraft mit ihren Anliegen und Themen wie soziale Gerechtigkeit, Solidarität, Schutz von Minderheiten und so weiter einbringen.

          Wo ist die Grenze Ihrer Ansicht nach?

          Für mich sind zwei Grenzen entscheidend: Die erste Grenze liegt da, wo Kirche politische Positionen vertritt, die ihre eigenen Grundlagen, wie zum Beispiel die Nächstenliebe, grundsätzlich außer Acht lassen. Die zweite Grenze wäre dort überschritten, wo Kirche im politischen Diskurs demokratische Prinzipien und Grundrechte verletzt. Beides bedeutet, dass Kirche sich nicht mit extremen demokratie- und menschenfeindlichen Positionen gemeinmachen soll.

          www.oberhessische-zeitung.de/vogelsbergkreis/alsfeld/wie-politisch-darf-kirche-sein-93577230.html

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