Hanna Seling über ihre Ausbildung zur Erzieherin: Schönes, Anstrengendes und viele Perspektiven
„An der Lebenswelt jedes einzelnen Kindes teilhaben“

15.07.2025
ts
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Wenn man Hanna Seling in der fast 130 Jahren alten Kita im Alsfelder Stadtteil Altenburg findet, dann sieht man eine strahlende junge Frau vor sich, eine, der man gerne sein Kind (oder auch mehrere) anvertraut. Mit 21 Jahren ist die inzwischen ehemalige Auszubildende der Evangelischen Kita in Alsfeld-Altenburg noch jung; dennoch hat sie nun bald fünf Jahre Ausbildung hinter sich und keins davon bereut: „Erzieherin wollte ich immer schon werden, das war mein großer Wunsch.“
Anfang Juli hatte sie Prüfung; bis es so weit war, hatte sie eine zweijährige Ausbildung als Sozialassistentin absolviert, nach der sie wiederum zwei weitere Jahre eine vollschulische Ausbildung zur Erzieherin gemacht hat. Nun hat sie in der Evangelischen Kita in Altenburg noch ein Anerkennungsjahr abgeschlossen und es stand die letzte Prüfung zur staatlichen Anerkennung ins Haus. Angst davor hatte sie nicht, aber Respekt, und so ist war sie auch in diesen Tagen noch heftig am Vorbereiten. Zeit, von ihrem Lieblingsberuf zu erzählen, nahm sie sich dennoch.
Ihr war es wichtig, erzählt sie, eine möglichst fundierte Ausbildung zu machen. Daher habe sie auch nicht die vergütete PiVA- Ausbildung gewählt, die für viele junge Menschen eine gute Alternative sei, sondern den klassischen, vollschulischen Werdegang, der sich einer Ausbildung anschließt. Dafür hat sie auch auf Einnahmen verzichtet, denn im Gegensatz zu einer PiVA – Ausbildung verdient man in den ersten Jahren nichts - abgesehen von freiwilligen Leistungen, die manche Einrichtungen für ein Praktikum vorsehen, oder Bafög. „Da hatte ich Glück, dass ich meine Praktika bei einem kirchlichen Träger absolviert habe,“ sagt Hannah Seling, denn sie weiß von Kolleginnen und Kollegen, die bis zum Anerkennungsjahr auf ihr erstes Geld warten mussten.
Für die junge Frau in der Altenburger Kita steht das nicht im Vordergrund, auch wenn sie sich grundsätzlich mehr Wertschätzung für ihren Beruf wünscht: „Wir arbeiten mit rohen Diamanten“; sagt sie, „und wir tragen viel Verantwortung, von morgens bis abends.“ In allen anderen europäischen Ländern, ist daher ein Studium Voraussetzung für ihren Beruf. Hinter der Arbeit in den Kitas stecken pädagogische Konzepte, die den Kindern Fertigkeiten und Wissen vermitteln, aber auch Verhalten trainieren und den sozialen Umgang miteinander. Darüber hinaus habe die Elternarbeit ganz massiv zugenommen, berichtet Hannas Chefin, Kita-Leiterin Eva Schwalm. „Wir Erzieherinnen brauchen einen Rundumblick und sehr gutes Handwerkszeig, das es uns ermöglicht, beispielsweise in Konfliktsituationen sofort einzugreifen.“
All das hat Hanna Seling während ihrer Ausbildung sehr gut gelernt, bestätigt Eva Schwalm und bedauert gleichzeitig, dass sie diese begeisterte Berufsanfängerin nicht halten kann: Denn diese wird ihrer Ausbildung zur Erzieherin noch ein Studium der Sozialen Arbeit anschließen. „Hanna ist damit ein gelungenes Beispiel dafür, wie viele Möglichkeiten wir in unserem Beruf haben“, so Eva Schwalm. Doch nicht nur hinsichtlich der Fort- und Weiterbildung stehen den Erzieherinnen und Erziehern viele Türen offen, sondern auch hinsichtlich der Einsatzgebiete: Sie können später in der Jugendhilfe arbeiten, mit Menschen mit Behinderung, bei den Frühen Hilfen und vielen anderen Bereichen.
Für Hanna Seling steht die Freude im Vordergrund, die sie empfindet, wenn sie mit den Kindern arbeitet: „Ich bin beteiligt, wenn aus kleinen Persönlichkeiten große werden“, sagt sie und wirkt dankbar dafür, dass sie diesen Beruf ausüben darf. „An der Lebenswelt von Kindern teilzuhaben, ist sehr abwechslungsreich und spannend, erfordert Flexibilität und Offenheit.“ Alls das bring die junge Frau mit, jeden Morgen aufs Neue. Wenn sie von einem Kind berichtet, das in einer anderen Kita während ihres Praktikums jeden Morgen bitterlich weinte und das sie langsam dazu brachte, doch dazubleiben und sich wohlzufühlen, merkt man, wie sehr ihr dieser Beruf Berufung ist. Doch sie kennt auch die Probleme, die es in den Kitas gibt: Viel zu große Gruppen für die pädagogischen Herausforderungen der Gegenwart. „Mit kleineren Gruppen für alle Kinder, wäre sowohl den Kindern als auch dem pädagogischen Fachpersonal sehr geholfen“, unterstreicht die Kita-Leiterin.
Die Arbeitsatmosphäre in der Altenburger Kita ist dennoch gut – nicht zuletzt, weil es sich dort um eine evangelische Kita handelt, also eine mit einem kirchlichen Träger, wie Eva Schwalm ausführt: „Die Kirche bietet uns nicht nur sehr gute finanzielle und soziale Vergünstigungen, sondern sie stellt uns beispielsweise kostenlose regelmäßige Supervision zur Verfügung.“ Auch Fort- und Weiterbildungen – beispielsweise zur Praxisanleiterin oder zum Familien-Coach - bietet die Kirche an, deren Kita-Fachberatung Kitas eine Art Netz und doppelter Boden für die Mitarbeitenden ist: Sie fühlen sich dort fachlich jederzeit auf der Höhe und können daher mit einem guten Selbstverständnis auftreten, so die Kita-Leiterin.
Die kirchliche Trägerschaft spiegelt sich auch in den Inhalten wider: Montagsandacht, religiöse Feste im Jahreslauf, Gespräche mit den Kindern über Gott und die Welt – auch wenn das bei vielen Eltern nicht mehr so sehr im Vordergrund steht. „Wir überzeugen in erster Linie durch unser pädagogisches Konzept“, weiß Eva Schwalm, die mit zwölf Erzieherinnen und drei Auszubildenden 61 Kinder aus den verschiedensten Alsfelder Stadtteilen betreut.
Seit anderthalb Jahren werden fast alle Kitas im Evangelischen Dekanat Vogelsberg von einer GüT verwaltet, einer „Gemeindeübergreifenden Trägerschaft“. Auch dies bietet viele Vorteile für die Mitarbeitenden, die somit beispielsweise viel einfacher von einer Kita in die andere wechseln können. Auch die Mitarbeitendenvertretung habe die Anliegen der Kita-Mitarbeitenden gut im Blick.
Auch Hanna Seling weiß diese Vorteile zu schätzen, nichtsdestotrotz wird sie jetzt erst einmal zielstrebig ihren Weg weitergehen. Und dann wird man sehen.
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