Evangelisches Dekanat Vogelsberg

Angebote und Themen

Herzlich Willkommen! Entdecken Sie, welche Angebote des Dekanats Vogelsberg zu Ihnen passen. Wir sind jederzeit offen für Ihre Anregungen. Nehmen Sie gerne mit uns Kontakt auf.

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          Tagesandacht in diesen Zeiten

          Füreinander da sein

          Für einander da sein, während wir uns voneinander abgrenzen: ein moralisches Paradoxon in dieser Zeit

          „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.“
          Mk 12,31

          „Gute Zäune machen gute Nachbarn.“
          Robert Frost, Gedicht „Mending Wall"

          Gläubige Menschen in aller Welt stehen vor neuen Herausforderungen durch die Pandemie. Es ist sehr traurig, dass gerade zurzeit die Türen unserer Gotteshäuser verschlossen sind. Dass so etwas zu unseren Lebzeiten passiert, konnte sich keiner vorstellen. Unsere sofortige Erwiderung darauf könnte lauten: Wann ist es denn notwendiger gewesen als jetzt, in der Öffentlichkeit zum Allmächtigen zu beten?

          Vergegenwärtigen wir uns die Forschungsergebnisse der Forscher und Experten, die sagen, dass der effektivste Weg zur Eindämmung des Virus soziale Distanz und die persönlichen Hygienemaßnahmen sind, dann sind es schweren Entscheidungen, die beschlossen und befolgt werden müssen.

          Das Herz jeder Religion ist die Gemeinschaft: Menschen treffen sich: zum Gottesdienst, zum Beten, sorgen füreinander und essen gemeinsam. Für andere da zu sein und anderen Menschen zu helfen ist ein Merkmal jedes wahrhaft Gläubigen. In einer Gemeinschaft versammelt zu sein und miteinander Gottesdienst zu feiern ist zentral für unsere Identität und Glaubenspraxis. Es ist also entgegen jeder Vorstellung, Glaubensgemeinschaften zu sagen, dass sie einander Liebe zeigen, indem sie sich voneinander entfernen. Es ist für viele eine schwierige Situation, die entgegen alle Kultur ist.

          Normalerweise würde ich keine Isolation für mich wollen. Ich brauche Freunde zum Zusammensein, Nachbarn zum Miteinanderleben, ich sehne mich nach der liebevollen Berührung durch Familienmitglieder.

          Ich bin eine Studentin in Indien, die in einer Stadt lebt, weit entfernt von meinen Eltern. Ich musste eine schwierige Entscheidung treffen, ob ich zurzeit nach Hause reisen sollte. Hier in der Stadt gibt es jeden Tag neue Fälle von Covid 19. Aber in dem Staat, in dem meine Eltern leben, gibt es 0 Fälle. Meine Eltern wollten, dass ich nach Hause komme. Ich wollte auch nach Hause kommen. Aber ich verstand, dass ich, wenn ich hier bleibe und mich selbst vor dem Virus schütze, ich auch meine Familie, meine Heimat schütze, indem ich nicht nach Hause gehe. Meinen Nächsten zu lieben, so wie mich selbst. Im Moment scheint es so, dass Zäune zu errichten mich zu einer guten Nächsten macht.

          Für viele ist dieser Lockdown möglicherweise nicht so problematisch, wie es klingt. Für einige sind es möglicherweise lange Ferien zum Erholen zu Hause.

          Ich frage mich, wie es für die Heimatlosen ist, die ich durch die Stadt laufen sehe? Für die Wanderarbeiter, die in ihre Dörfer zurückmüssen, nachdem sie ihre Arbeit verloren haben? Ich frage mich, wie es für die Menschen an der vordersten Front in den Krankenhäusern ist, die die mit Covid 19 infizierten und kranken Menschen behandeln? Durch was müssen Familien gerade gehen, die geliebte Angehörige durch das Virus verloren haben? Ist es wirklich genug für mich, auf Distanz zu gehen und nichts zu tun? Wie können wir am besten das Gebot zur Nächstenliebe einhalten?

          Lassen Sie uns nach unseren Möglichkeiten überlegen, was wir zu tun in der Lage sind. Gott ruft uns möglicherweise dazu auf, ein nettes Wort zu andern zu sagen, anderen Nahrungsmittel oder anderes Notwendiges zur Verfügung zu stellen oder mit denen zu teilen, die ums Überleben kämpfen. Ein Telefonanruf kann denjenigen Mut machen, die mit der Einsamkeit kämpfen. Tatsächlich können wir uns auch in dieser Zeit der sozialen Distanz mit Barmherzigkeit und Liebe erreichen.

          Immerhin gilt: Die Kirche wird nicht Kirche dadurch, dass sich Gläubige in einem Kirchengebäude miteinander versammeln. „Die Kirche ist nur Kirche“, sagte der deutsche Theologe Dietrich Bonhoeffer, „wenn sie für andere da ist.“

          Gott ruft uns, dass wir ein Segen sein sollen, und noch wichtiger, dass wir den Ängstlichen Hoffnung machen sollen. Im 2. Brief an Timotheus hören wir eins von Gottes Versprechen. Der Apostel Paulus schreibt seinem jüngeren Freund Timotheus, der leidet. Um Timotheus zu ermutigen, erinnert ihn Paulus an eines von Gottes größten Versprechen- ein Versprechen für Timotheus und für jeden von uns: Denn Gott hat uns nicht gegeben den Geist der Furcht, sondern der Kraft und der Liebe und der Besonnenheit.

          Wenn wir die Nachrichten verfolgen und das Neueste über das Virus hören, ist es leicht, Angst zu bekommen. Lassen Sie uns fortfahren, Gott zu vertrauen, unsere Nächsten zu lieben, wie uns selbst und weise zu handeln, indem wir nach vorne auf bessere Tage schauen.

           

          Gebet

          Erhalte uns, O Gott, unter dem Schatten Deiner Gnade, in dieser Zeit der Verzweiflung und Unsicherheit, gib uns die Kraft, niemals unsere Hoffnung zu verlieren. Erhalte die aufrecht, die es brauchen und bewahre sie, heile die Kranken und gib den Verantwortlichen Weisheit. Möge die immerwährende Gegenwart Gottes, unsere Zuflucht und Stärke, mit uns allen sein. Amen

          Tiakala Jamir

          (Übersetzung von Pfarrerin Dorothea Witznick, die Tiakala Jamir während ihrer Indienreise kennengelernt hat.)

           

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