Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Pfarrer Pierre Bouvain geht in den Ruhestand – Gottesdienst am kommenden Sonntag um 14 Uhr in Queck

          „Ich wollte immer Pfarrer sein und nah bei den Menschen“

          Pierre Bouvain, Pfarrer in Queck, Ober-Wegfurth, Unter-Wegfurth, Unter-Schwarz, Rimbach und Sandlofs geht in den Ruhestand. Am kommenden Sonntag wird er um 14 Uhr in Queck verabschiedet.

          Noch ist alles neu im Haus der Familie Bouvain in Schlitz. Erst vor kurzem ist die Pfarrersfamilie hier eingezogen, hat das Pfarrhaus in Queck verlassen, denn Pierre Bouvain, Pfarrer in Queck, Ober-Wegfurth, Unter-Wegfurth, Unter-Schwarz, Rimbach und Sandlofs geht in den Ruhestand. Am kommenden Sonntag wird er um 14 Uhr in Queck verabschiedet.

          Er blickt auf ein langes Berufsleben zurück, 23 Jahre davon hat er im Vogelsberg verbracht. Hier wird der gebürtige Sauerländer bleiben – heimisch geworden im Schlitzerland. Dabei hätte auch alles anders kommen können, denn nach dem Studium hatte man ihm ein Stipendium und eine Stelle an der Marburger Universität angeboten: Als herausragender Student im Fach Neues Testament hatte Pierre Bouvain auf sich aufmerksam gemacht, doch er lehnte ab: „Es gab keine Garantie für mich, dass ich danach eine Pfarrstelle bekommen hätte – und ich wollte immer Pfarrer sein und unter den Menschen.“

          Dabei war Pierre Bouvain der Pfarrberuf nicht in die Wege gelegt: Als Sohn eines Schlossers und einer Buchhalterin wurde er 1956 in Hemer geboren. Nach dem frühen Tod des Vaters, der starb, als Pierre Bouvain erst sieben Jahre alt war, wurde der Kindergottesdienst in seiner Heimatgemeinde für den Jungen zu einer wichtigen Anlaufstelle. Als Jugendlicher gestaltete er selbst den Kindergottesdienst mit, trat in den CVJM ein und leitete als junger Mann bereits die Gruppe vor Ort.

          Da es für ihn zunächst so aussah, als könne er aus finanziellen Gründen ohnehin nicht studieren, ging er auf die Realschule. Dort nahm der eifrige Junge an Wettbewerben teil und beeindruckte mit sehr guten Leistungen. Zu seinem Glück hatte das Gymnasium in seiner Heimatstadt einen sozialwissenschaftlichen Zweig eingerichtet, der es erlaubte, ohne zweite Fremdsprache die Oberstufe zu besuchen und das Abitur zu machen. Danach absolvierte Bouvain seinen Zivildienst – in einem hessischen Pfarrhaus: Über den CVJM hatte er einen Pfarrer kennengelernt, Fritz Dahmen aus Rodheim v.d.H. Mit diesem Schritt festigte Bouvain nicht nur seine Entscheidung, Pfarrer zu werden, sondern war auch in Hessen angekommen, wo er studierte und sich niederließ.

          Seine erste Pfarrstelle – nach dem Vikariat in Düdelsheim – war in Friedberg in der Burgkirche. Die zweite Pfarrstelle vor Ort wurde 1994 mit einer jungen Pfarrerin besetzt. Es passte gut mit den beiden Theologen, die 1995 heirateten. Als sich Nachwuchs ankündigte, beschlossen sie, sich eine Stelle auf dem Land zu suchen. So kamen die Bouvains ins Schlitzerland. Pfarrerin Petra Bouvain übte nach der Familienpause verschiedene Vertretungsdienste im damaligen Dekanat Vogelsberg aus. Später übernahm sie die Stelle der Krankenhausseelsorgerin, die sie heute noch innehat. Und Pierre Bouvain wurde der Gemeindepfarrer für die Menschen in und um Queck. „Sechs Dörfer, vier Kirchen und vier eigenständige Kirchenvorstände, das ist schon was“, sagt der Pfarrer rückblickend und dankt im selben Atemzug den engagierten Mitgliedern der Kirchenvorstände, die viele Aktivitäten gemeinsam mit ihm getragen haben.

          „Als ich kam, konnte ich vieles weiterführen, was ich vorfand“, berichtet Bouvain: Singkreise, Frauenkreise, Posaunenchor. Und er merkte direkt, dass hier im Schlitzerland die Uhren noch anders tickten als in Friedberg: „Hier war und ist es immer noch so, dass die Menschen bei allen Dingen des Lebens – von der Geburt über die Konfirmation, die Hochzeit, die Hochzeitsjubiläen bis hin zur Beerdigung – von der Kirche begleitet werden möchten. Ihn, der es mag, mit Menschen in Kontakt zu sein, freut das sehr. Auch wenn dieser Wunsch im ländlichen Raum noch besteht, nimmt der Pfarrer sehr wohl den Wandel wahr, der auch hier stattfindet: Von einst zwanzig Konfirmanden sind die Gruppen mitunter bis auf vier junge Menschen geschrumpft, die Frauenkreise haben sich aufgelöst oder wurden in Seniorenkreise umgewandelt; Singkreise mussten altersbedingt aufhören. Auch die Zahl der Gottesdienstbesucher in den einzelnen Dörfern ging mit der Zeit zurück. „Diesen Veränderungen muss man Rechnung tragen“, sagt Pfarrer Bouvain und beschreibt, was er damit meint: Veränderte Formate im Konfi-Unterricht sowie neue Freizeitangebote für Kinder, Jugendliche und Konfirmanden haben sich in seinen Gemeinden etabliert.

          „Und wenn die alten Gottesdienstformen nicht mehr so gut besucht sind und die Menschen aus den einzelnen Dörfern nicht zusammenführen, dann muss man neue erfinden.“ Gesagt, getan. Zu den Pfingstgottesdiensten im „Berngeröder Tal“ kommen jedes Mal an die 300 Menschen. Die „Musikalischen Vespern“ sind fester Bestandteil im Gottesdienstplan. Kreativ, musikalisch, mal meditativ, mal mit gesellschaftlich relevanten Themen, sprechen sie viele Menschen an. Ihre Organisation hängt an der Person des Pfarrers, und so wird damit erst einmal Schluss sein. Auch die Erfindung neuer Figuren, aus deren Sicht er die Weihnachtsgeschichte erzählt hat, wird nun der Vergangenheit angehören. „Ich wollte den Weihnachtsgottesdienst für Kinder und Erwachsene interessant machen und so habe ich an Weihnachten meine Predigt als Erzählung ausgelegt über Menschen, die Lukas in seiner Weihnachtsgeschichte vergessen haben könnte.“ Als versierter Kenner der biblischen Geschichte, als Israel-Reisender und als begeisterter Historiker fielen ihm immer wieder spannende Charaktere ein, mit denen er den Weg zur Krippte teilte: ein Nachtwächter, ein Holzschnitzer, ein Rabbi oder auch ein Soldat. Auch die Gottesdienste am Zweiten Weihnachtsfeiertag und an Silvester gestaltete der Pfarrer auf seine eigene, wertschätzende Weise, die viele Menschen ansprach und inspirierte.

          „In fast einem Vierteljahrhundert, da wandelt sich so manches“, resümiert Pierre Bouvain. Als Geschichtsbegeisterter geht er sogar so weit, zu sagen: „Was gut ist, bleibt, das andere geht.“ Er hat den Wandel stets akzeptiert, auch weil er dabei dennoch sein Ziel verfolgen konnte: bei den Menschen zu sein. Doch die aktuelle Entwicklung sieht der Pfarrer mit Sorge, die Nähe zu den Menschen werde durch den Zukunftsprozess der EKHN aufs Spiel gesetzt: „Wenn allein im Schlitzerland für 14 Dörfer perspektivisch nur noch drei Pfarrer vorgesehen sind, dann wird es schwer, ein Gefühl von ‚Unser Pfarrer‘ zu erhalten“, befürchtet er: „Man nimmt den Menschen, was ihnen wichtig ist.“

          Umso dankbarer blickt er zurück auf das, was war und was er gemeinsam mit den Menschen in seinen Dörfern hatte. Für ihn als Pfarrer ist dies ein guter Zeitpunkt, jetzt in den Ruhestand zu gehen und getreu Luther sein Amt zurückzugeben, der zu werden, der er vorher war. Pierre Bouvain, Gemeindeglied.

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