Evangelisches Dekanat Vogelsberg

Angebote und Themen

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          Wie Kinder und Familien den Lockdown erleben und was man für sie tun kann

          Mit Spielen, Austausch und kleinen Fluchten gegen die Einsamkeit

          Khamkhor / Pixabay

          Die Corona-Pandemie und die mit ihr einhergehenden Sorgen und Einschränkungen stellen für alle Menschen eine Herausforderung dar, wenn auch auf ganz verschiedenen Ebenen. Der gemeindepädagogische Dienst im Evangelischen Dekanat Vogelsberg, zu dem auch der Bereich (schulbezogene) Kinder- und Jugendarbeit gehört, begegnet seit der Krise vielen Facetten von Problemen, aber auch von Lösungen.

          "Die Vereinsamung der Kinder und Jugendlichen ist im Moment das größte Problem“, berichtet Cordula Otto, die einen Bereich der schulbezogenen Jugendsozialarbeit in Romrod abdeckt. Die eigenverantwortliche Strukturierung des Alltags stelle die jungen Menschen vor Herausforderungen; dazu käme, dass sie nur noch in ihrer Rolle als Schülerinnen und Schüler wahrgenommen würden und ihre Persönlichkeit und Persönlichkeitsentwicklung, die ja gerade von der Interaktion, der Begegnung und dem Austausch mit anderen Jugendlichen geprägt werde, derzeit kaum eine Rolle spiele. „Und die Frustration steigt, weil ein Ende des Lockdowns nicht abzusehen ist.“ Auch Kristina Eifert, die im Auftrag des Dekanates auf Landkreisebene für die Jugendarbeit tätig ist, berichtet von Depressionserfahrungen, insbesondere bei Einzelkindern, und einem insgesamt gestiegenen Stresslevel in den Familien. „Insbesondere die selbstwirksame Beteiligung von Kindern, Jugendlichen und Familien an der Gestaltung der Situation, erlebte einen intensiven Lockdown“, so die Erfahrung der Sozialpädagogin.

          Hinzukommt, dass im Rahmen des Homeschooling – so es denn technisch überhaupt funktioniert – die Schule ins Private eindringt. Holger Schäddel, Diakon an der Homberger Ohmtalschule, plädiert dafür, das Private zu schützen. „Für die Schule ist die Rolle des Schülers oder der Schülerin ganz klar“, so der Dekanatsjugendreferent, „jetzt verschwimmen verschiedene Rollen miteinander, was gerade für junge Menschen problematisch ist, da sie viel mehr auf der Suche sind als Erwachsene.“ Auch er sieht es als große Herausforderungen für Familien, die vielen Aufgaben, die die Einschränkungen der Pandemie ihnen stellen, zu bewältigen. „Man sieht natürlich viele verschiedene Modelle“, so seine Erfahrung. Während es einigen Familien gut gelänge, die Bedürfnisse von Schülern und Eltern, die vielleicht auch noch im Homeoffice arbeiten, zu kanalisieren und in eine gute Struktur zu bringen, scheitern andere daran. Nicht selten sind Kinder und Jugendliche halbe oder ganze Tage auf sich allein gestellt, da die Eltern eben kein Homeoffice machen können. Nicht alle Familien haben eine ausreichende technische Ausstattung für alle oder genug Platz, damit jeder Einzelne gut arbeiten kann, und nicht selten ist auch die Internetverbindung mangelhaft. „Es kommt einfach viel zusammen und man kann durchaus sagen, dass die Corona-Krise auch die Bildungskrise verschärft, Chancengleichheit noch schwieriger macht.“ Und wie bei den Kindern und Jugendlichen auch ist es die Unsicherheit, die viele Familien zermürbt, beobachten die Sozialpädagogen vom Evangelischen Dekanat. Holger Schäddel dazu: „Man kann vielleicht noch ein, zwei Wochen eine Betreuung organisieren, Überstunden abbauen, Homeschooling und Homeoffice unter einen Hut bringen, aber irgendwann ist man am Ende seiner organisatorischen und auch physischen Ressourcen angelangt. Und weiß dennoch nicht, wie lange man noch durchhalten muss.“

          Schäddel sieht dennoch, dass sich sowohl die Schulen als auch die Familien teilweise im zweiten Lockdown besser aufgestellt haben. Unterricht funktioniere besser und auch die Rückmelde- und Kommunikationssysteme hätten sich entwickelt. Bei offensichtlichen Probleme könnten die Schulen auch auf ihre Schulsozialarbeit zurückgreifen, die mit Telefonaten, Spaziergängen und Hausbesuchen tätig werden könne. Schäddel gibt aber auch zu bedenken: „Es ist digital noch leichter, durch ein Netz zu fallen“. Abwesenheiten könnten durch digitale Probleme erklärt werden, das Nachhalten sei für die Lehrkräfte schwieriger als in Präsenz.

          Das gemeindepädagogische Team des Evangelischen Dekanats versucht mit vielen verschiedenen Angeboten den Kindern und Jugendlichen, aber auch vielen anderen Menschen, durch diese Zeit zu helfen. Gottesdienste to go werden seit dem vergangenen Frühjahr immer wieder organisiert, interaktive Wege, beispielsweise zu Ostern oder zu Weihnachten laden wahlweise zu spirituellen Erlebnissen oder Aktivitäten an der frischen Luft für die ganze Familie ein. Radtouren für unterschiedliche Gruppen werden angeboten und viele digitale Formate wie Mädchentreff, Konfi-Challenge oder vor kurzem die Online-Aktion „Puzzel(n) verbindet“. Eigentlich ein Angebot für den Arbeitsbereich Erwachsenenarbeit-55plus von Holger Schäddel, fand die Aktion auch Anklang bei Cordula Otto, die dieses Format mit einer Jugendgruppe übernahm. „Es gibt jetzt auch schon Ideen für Nachfolgeprojekte“, freut sie sich und berichtet von einer gemeinsamen Aktion mit fester Gruppe bei WhatsApp oder Signal, in der immer aktuelle Bilder oder Kommentare gepostet werden können. „Dazu ein bisschen witzigen Input und das ganze gekrönt mit einem gemeinsamen Zoom-Abschluss.“ Auch die Hausaufgabenhilfe der schulbezogenen Jugendsozialarbeit hat sich auf die veränderten Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen eingestellt. „Wir bieten nicht nur Hilfestellung und Ünterstützung beim Homeschooling, sondern auch Gesprächsmöglichkeiten an“, so Otto.

          Die Gruppenangebote sind zwar keine expliziten seelsorgerlichen Angebote, aber nicht selten bieten genau sie Raum und Anlass für intensive Gespräche, berichtet Jutta Marth-Steckenreuter von der kirchlichen Jugendarbeit. Und daraus wiederum können auch einzelne Treffen entstehen. „Für die Seelsorge bietet sich der gemeinsame Spaziergang als wichtiger persönlicher Kontakt an – und das geht, außer bei Sturm, bei jedem Wetter“, so Cordula Otto. Holger Schäddel setzt auch auf das gute alte Telefon. „Ich rufe bei Menschen aus meinem Arbeitsfeld an – nicht selten kommen lange Gespräche zustande, auf die die Menschen geradezu gewartet haben zu scheinen.“

          Neben all den Belastungen und Problemen beobachten die Dekanatsmitarbeitenden aber auch eine unglaubliche Kreativität von Familien, die versuchen, gut durch die Krise zu kommen. „Da wo es geht, sind viele Familien viel mehr draußen und genießen die Zeit mit verschiedenen Aktivitäten, die sie sonst nicht gemeinsam getan hätten. Sie motivieren sich gegenseitig, unterstützen sich und bestärken sich gemeinsam in dem Wunsch, immer noch ein wenig durchzuhalten. Denn als Familie sind viele auch gemeinsam stark.“ Dass dies nicht immer und nicht allen gelingt, liegt auf der Hand. Und so bleibt die Corona-Krise was sie ist: eine Riesenherausforderung für die Gesellschaft im Allgemeinen und ihre kleinste Zelle, die Familie, im Besonderen.

          Professionelle und auf Wunsch auch anonyme Beratung findet man unter anderem bei der „Nummer gegen Kummer“: Das Kinder- und Jugendtelefon ist hier unter der 116111 zu erreichen, das Elterntelefon unter der 0800 111 0 550 oder die Telefonseelsorge unter den Nummern 0800 1110111 und 0800.1110222 sowie online. Regionale Hilfen gibt es u.a. beim Netzwerk Erziehungsberatung im Vogelsbergkreis (https://www.vogelsbergkreis.de/buerger-service/familie-kinder-jugend/koordination-netzwerk-erziehungsberatung/

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