Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Die Geschichte der Wiegand-Orgel in der Ev. Kirche Leusel

          Eine Orgel bleibt eine Orgel

          Simon Wahby

          Unsere Orgelreihe im Jahr der Orgel geht wieter: Hier stellt Dekanatskantor Simon Wahby die Orgel in Leusel vor.

          Bildergalerie

          Die evangelische Kirche von Leusel ziert ein wunderschön musikalisch bemaltes Tonnengewölbe.

          Musizierende Engel aller Couleur schmücken das Kirchenschiff und lassen hohe Erwartungen an die Ausstattung und an die ausführenden Akteure aufkommen. Wie in einem Himmelszelt fügt sich der spätbarocke Prospekt in das Ensemble ein. Die Orgel von 1769, das einzige von dem Thüringer Orgelbaumeister Wolfgang Wiegand in Oberhessen geschaffene Instrument, ist noch in großen Teilen original erhalten und folgte einer nicht näher bekannten Vorgängerorgel, die schon 1697 mit der Einweihung der Kirche vorhanden war. Wiegand stand mit seiner Orgel noch in der unmittelbaren barocken Tradition. Ein Instrument mit natürlichem Wind, zwei Keilbälgen und der typischen Disposition von vier grundtönigen 8 Fuß Registern, eines davon, der Octavbass 8´, im Pedal und den Prinzipalen 4´, Quinte 3´, Octav 2´und Mixtur, sowie Flöte 4´ und Cymbel. Da es sich um eine Dorforgel handelte, war sie einen 1/2 Ton höher gestimmt, was typisch für die damalige Praxis war. Auf Lande waren in der Regel keine zusätzlichen Musiker beteiligt.

          Noch heute singt man in Leusel einen halben Ton höher!

          Wahrscheinlich konnte dieses Instrument mit seiner reichbesetzten Grundtonpalette feinnuancierte Klangfarben- und Laustärkegrade lückenlos darstellen, so dass die doppelt besetzte Klangkrone durch Mixtur und Cymbel Sinn machte.

          Wie so oft in der Geschichte vieler alter und schöner Orgeln, schlichen sich nach und nach kleine und auch modische Klangveränderungen ein, die dem Instrument nicht immer gut taten. Es begann mit einer vielleicht sinnvollen Ergänzung von tieferen Basspfeifen im Pedalwerk und endete mit durchaus massiven Eingriffen in der Windversorgung durch den Einbau eines elektrischen Gebläses mit anderem Balgsystem und der damit zusammenhängenden Umintonation (Anpassung des Pfeifenklanges) und dem Austausch oder Umbau einiger Register. Noch bis Anfang 2000 war man sich nicht im Klaren, dass die vielen original erhaltenen Pfeifen nicht mehr in ihrer eigentlichen Gestalt erklangen, sondern mit dem Bedürfnis nach mehr Obertönigkeit und Brillianz ihrer gesanglichen Grundgestalt beraubt wurden.

          Auf dem Weg zu dieser neobarockisierenden Orgel (eine Orgel, die wie eine Barockorgel klingen sollte!?) verzichtete man schon bald auf die originale Cymbel, „damit niemand von der Orgel erschlagen würde“, und änderte so nach und nach den Charakter dahingehend, dass nicht mal mehr eine Mixtur als orgeltypische Klangkrone von Nöten war. Heute, 250 Jahre später, weiß man vieles über alte und historische Instrumente. Nicht zuletzt durch die vielen hervorragend erhaltenen Instrumente in Holland und Norddeutschland ist man sich bewusst, welcher Schatz an Kostbarkeiten ein hochwertig gearbeitetes Instrument in sich trägt. In vielen Fällen, so auch in Leusel, wird versucht dieses wertvolle Pfeifenmaterial wieder in den Originalzustand zurückzuversetzen, um mit dem ihr so typischen warmen Orgelklang ein klangschönes Instrument zu erzeugen und zu erhalten.

          Mittlerweile wurde die Wiegand-Orgel umintoniert und spiegelt in großen Teilen die Klanggestalt ihres Erbauers wider. Es bleibt zu wünschen, dass dieser hörenswerte Gesang vollends auf die anderen Stimmen und Chöre dieser Orgel übertragen wird.

          Simon Wahby, Dekanatskantor

           

           

           

           

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