Evangelisches Dekanat Vogelsberg

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          Sonntagsgedanken / Auf ein Wort - Pfarrer Peter Remy

          Wir fahr´n, fahr´n, fahr´n…

          „Wir fahr´n, fahr´n, fahr´n auf der Autobahn“, so hieß ein musikalischer Ohrwurm der Deutsch-Rock-Band Kraftwerk im Jahr 1974. Heute würde ein solcher Song wohl kaum noch in den Charts landen, in einer Zeit, in der „der Individualverkehr nicht mehr zukunftsweisend ist“, wie die Gegner der A 49 es in der aktuellen Debatte um den Lückenschluss der Autobahn sagen.

          Sicherheitshalber sage ich gleich, dass ich diese Zeilen weder als Befürworter noch als Gegner der A 49 schreibe. Man gerät ja heute schnell in eine Schublade. Eine Einteilung in Schwarz und Weiß macht die komplizierten Dinge vermeintlich einfacher, in Wahrheit ist es einfach komplizierter. Wir teilen die Welt und die Menschheit ein in Schwarz und Weiß, in Gut und Böse, in Hell und Dunkel.

          Manchmal denke ich, gläubige Menschen geraten noch schneller in diese Versuchung, vielleicht, weil sie meinen, sich auf die höchste Autorität berufen zu können, die Autorität Gottes. So wird in der Autobahn-Debatte von manchen Gegnern behauptet, dass es um „die Bewahrung der Schöpfung“ geht. Das klingt, als handle in „höherer Mission“, wer sich als Christ gegen den Autobahnbau engagiert. Wer so redet, stellt seine eigene Position als alternativlos dar, denn er unterstellt, dass jede andere Entscheidung zur „Zerstörung der Schöpfung“ führt. So richtig es klingt, so falsch ist die Berufung auf einen menschlichen Auftrag zur „Bewahrung der Schöpfung“.

          Wer noch einmal nachliest in der Schöpfungsgeschichte der Bibel, wird finden, dass die „Bewahrung der Schöpfung“ eine Sache ist, der Gott selbst sich annimmt, „Chefsache“ sozusagen. Gott hat Himmel und Erde geschaffen. Er wird sie auch bewahren und erhalten. Der Mensch ist nicht für die ganze Schöpfung verantwortlich, er wird lediglich in „einen Garten“ gesetzt, den er „bebauen und bewahren“ soll, beides. Man könnte sagen, „der Garten“ ist das Bild für den begrenzten Kulturraum, für die Lebenswelt des Menschen. Wir haben eine Verantwortung für unsere Umwelt und Mitwelt, nicht mehr und nicht weniger. Würde man den Menschen für „die Schöpfung“ verantwortlich machen, wäre das eine titanische Selbstüberschätzung und maßlose Überforderung, sozusagen eine Nummer zu groß für den Menschen, die Bibel ist da ganz realistisch. Man könnte auch sagen: „Schuster, bleib bei deinem Leisten!“

          Wir sind „Gärtner“, die miteinander um die Gestaltung und Nutzung des Gartens ringen, Schöpfer und Retter der Welt sind wir nicht. Christen haben deshalb keine stärkeren Argumente in der Debatte um die A 49 als andere Bürger. Sich mit Verweis auf eine höhere Mission wie die „Bewahrung der Schöpfung“ über rechtsstaatliche Verfahren und Entscheidungen hinwegzusetzen, ist jedenfalls keine christliche Möglichkeit. Wir sollten bei den Sachargumenten bleiben und nach bestem Wissen und Gewissen unsere persönliche Entscheidung „Pro oder Contra A 49“ treffen – beides ist möglich, auch für Christen. So einfach ist das. Einfach ist das wirklich nicht!

          Wie gut, dass das Überleben der Schöpfung nicht von unseren menschlichen Entscheidungen abhängt, mit dem „Garten des Menschlichen“, wie der Physiker und Philosoph Carl-Friedrich von Weizsäcker das nannte, haben wir genug zu tun.

          Pfarrer Peter Remy, Alsfeld

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